Menschen und Kulturen zusammenbringen
Die evangelische Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler spricht im Interview mit Treffpunkt 55plus über Integration, Ehrenamt und anspruchsvolle Seniorenarbeit.
Wie kümmert sich die Evangelische Kirche um alte Menschen?
In vielfacher Weise: Mit anregenden Gottesdiensten und vielfältigen kirchenmusikalischen Angeboten, einer anspruchsvollen Seniorenarbeit in den Kirchengemeinden, durch Besuche in Alten-und Pflegeheimen und durch die liebevolle Begleitung auf den letzten Wegen.
Wo können sich aktive ältere Menschen ehrenamtlich einbringen?
Überall in der Gemeinde – denn die Erfahrung und Expertise älterer und alter Menschen sind in der Kirche gefragt, auch von jungen Leuten.
Können auch Nichtkirchenmitglieder bei Ihnen ehrenamtlich tätig werden?
Natürlich! Für manche ist das sogar oft eine Art „Schnupperkurs“, in dem sie sich der Kirche wieder oder ganz neu annähern. Alle Menschen, die neugierig auf Kirche sind oder sich dort einbringen wollen, wo Leben ist, sind uns herzlich willkommen.
Was machen Sie in Ihrer Hospizstiftung anders und besser als vergleichbare Organisationen?
Ich weiß nicht, ob wir etwas besser machen. Uns ist es ganz einfach wichtig, warmherzig und kompetent für Sterbende, ihre Angehörigen und die Pflegenden da zu sein. Wir wollen alles unterstützen, was dazu beiträgt, das Lebensende menschenfreundlich und segensreich zu gestalten.
Bestehen bei der Kirche Möglichkeiten eines Engagements im Rahmen der Flüchtlingshilfe?
Die evangelische Kirche engagiert sich mit aller Kraft für diejenigen, die zu uns kommen. Wir pflegen nicht allein eine rege Willkommenskultur, sondern tun auch alles, damit Kleine und Große schnellstmöglich gut integriert werden. Dazu gehört neben vielem anderen, Wohnraum bereit zu stellen, Deutschkurse anzubieten, die Kinder in Kindertagesstätten und Schulen aufzunehmen, Jugendliche in die Jugendarbeit einzuladen, Frauen unterschiedlicher Kulturen zueinander zu bringen, Arbeitsstellen auch mit Neuankömmlingen zu besetzen und überhaupt für soziale Kontakte zu sorgen.
Welchen Beitrag kann die Kirche leisten bei der Integration älterer Flüchtlinge, die auch anderen Religionen angehören?
Unser Beitrag kann und muss sein, über unser Land zu informieren, unseren „Neubürgern“ Grundrechte und Demokratie näher zu bringen, die Gleichberechtigung von Mann und Frau herauszustellen und auch von unserem christlichen Glauben lebendig zu erzählen.
Wie bringt die Kirche auch jenseits des Gottesdiensts Alt und Jung zusammen?
Dazu eignen sich zum einen hervorragend Gemeindefeste, die gemeinsam vorbereitet werden, oder Erzählabende, an denen man voneinander erfährt. Kindergartenkinder besuchen den Seniorenkreis, die Kinder führen etwas vor, man isst und trinkt miteinander. Im Kirchenvorstand ist es besonders effektiv, wenn Jung und Älter oder Alt zusammenarbeiten: Da kommen Jugendfrische und Lebenserfahrung aufs Schönste zusammen.
Wenden sich die Menschen mit zunehmendem Alter wieder mehr dem Glauben zu?
Das ist unterschiedlich. Manche Menschen kommen im höheren Alter ins Grübeln und werden zu Zweiflern. Andere finden einen vertieften Zugang zum Glauben. Sie befassen sich mit ihrer Lebensbilanz, sehen, was gelungen und was offen geblieben ist. Sie schauen auf das Ende des Lebens und setzen ihre Hoffnung darauf, dass es in der Ewigkeit weiter geht.
Inwieweit glauben Sie, dass der Islam mittlerweile zu Deutschland gehört?
Ich würde eher sagen, Muslime gehören zu Deutschland, d.h. Männer, Frauen und Kinder, die mit ihrem Glauben schon länger bei uns leben oder neu nach Deutschland kommen. Menschen, die ihr religiöses Profil behalten wollen und sich zugleich in unsere demokratische und jüdisch-christlich geprägte Welt integrieren möchten.
INFO: www.kirchenkreis-muenchen.de
Foto: ELKB – Rost